Netzwerk gegen AntisemitismusUnterstützung für Betroffene

Ausgeschnittene Papiermännchen, die sich an den Händne halten und eine Reihe bilden.
Auch die HSPV NRW ist in dem Netzwerk vertreten

Ein Netzwerk jüdischer Hochschullehrender in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Seit der Eskalation des Nahostkonflikts zwischen der Hamas und Israel am 7. Oktober 2023 wurde Deutschland, so wie auch die ganze Welt, von einer massiven Welle von Antisemitismus erschüttert. Bereits vorhandene Stimmungen und Tendenzen radikalisierten sich zunehmend. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (Bundeskriminalamt, 2023, S. 10) wurden in Deutschland im Jahr 2022 bereits 135 christenfeindliche und 610 islamfeindliche Straftaten in der Kategorie Hasskriminalität registriert. Alleine diese Zahlen vermitteln einen ersten Eindruck zu bereits in der Vergangenheit vorhandenen fremdenfeindlichen Tendenzen der religionsgerichteten Gewalt. Bedenkt man, dass sich laut Religionsmonitor (Religionsmonitor, 2023) ca. 48 % der deutschen Bevölkerung einer christlichen Religionsgemeinschaft zuordnen und nur 8,5 % einer islamischen, so verstärkt sich dieser Eindruck zunehmend.

Erschütternd sehen vor diesem Hintergrund die Zahlen der antisemitischen Straftaten aus. Obwohl sich nur 0,3 % der Deutschen dem Judentum zuordnen (ebd.), wurden im Jahr 2022 bereits 2.641 antisemitische Straftaten registriert (Bundeskriminalamt, 2023). Nach Angaben der RIAS, Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus, (RIAS, 2023) wuchs diese Zahl im Oktober 2023 um 320 %. Vorläufig lässt sich festhalten, dass die Täter extremistischen Gruppierungen mit sehr unterschiedlichen politischen Ausrichtungen angehören.

An den deutschen Hochschulen erreichte diese Entwicklung ihren bisherigen Tiefpunkt als Anfang Februar 2024 ein jüdischer Student der Freien Universität Berlin mutmaßlich von einem Kommilitonen angegriffen und schwer verletzt wurde. Bereits Monate zuvor berichteten jüdische Studierende von gezielten antisemitischen Anfeindungen und ihrer Angst, den Campus ihrer jeweiligen Hochschule zu betreten. Auch mehrere jüdische Hochschullehrende wurden diskret vom Staatsschutz kontaktiert: ihre Veranstaltungen mussten abgesagt, ins Online-Format verschoben oder durch externe Sicherheitsdienste geschützt werden. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz rief alle Hochschulen dazu auf, sich klar zum Thema Antisemitismus zu positionieren und deutliche Maßnahmen zu dessen Eindämmung zu ergreifen. Auch in ihrer Pressenmitteilung vom 15. November 2023 (HRK, 2023) hat die Hochschulrektorenkonferenz die Bekämpfung des Antisemitismus als ein wichtiges Ziel identifiziert.

Am 1. Februar 2024 konstituierte sich ein Netzwerk jüdischer Hochschullehrender (JHL, 2024) in Deutschland, Österreich und der Schweiz, um diesen erschreckenden Tendenzen in unserer Gesellschaft entgegenzutreten. In diesem Netzwerk sind bisher mehr als 100 Professorinnen und Professoren sowie Lehrbeauftragte diverser Fachrichtungen und Hochschulen aktiv und die Gruppe wächst stetig. Auch unsere Hochschule ist im Netzwerk mit Prof. Dr. Elisabeth Schilling repräsentiert.

Die Arbeit des Netzwerks ist auf verschiedene Ziele ausgerichtet. Erstens sollen wirksame Konzepte und Maßnahmen zum Kampf gegen Antisemitismus an Hochschulen entwickelt und umgesetzt werden. Zweitens sollen Opfer der Straftaten und weitere Betroffene unterstützt werden. Für sie werden Anlaufstellen und Mentoring-Angebote eingerichtet. Drittens werden hochschulübergreifende Veranstaltungen und Studien organisiert und gefördert, um die Analyse und Bekämpfung des Antisemitismus wissenschaftlich zu untermauern. Das Netzwerk dient auch als eine Austauschplattform, um die Erfahrungen ihrer Mitglieder zu sammeln, die Vernetzung zu fördern sowie die Entwicklung fremdenfeindlicher Tendenzen an Hochschulen zu beobachten und rechtzeitig einzudämmen.

Antisemitismus ist hier ein Ausdruck eines grundlegenderen gesellschaftlichen Problems der Ausgrenzung und Diskriminierung von Personengruppen aufgrund von Herkunft, Religion, Aussehen oder anderer Merkmale. Insoweit möchte das Netzwerk auch diesen Themen Aufmerksamkeit widmen und die Unterstützung der Betroffenen sicherstellen im allgemeinen Streben nach mehr gesellschaftlicher Toleranz und einem friedlichen Miteinander.