Erfolgreiches Engagement FHöV-LehrenderVerkehrswacht Münster bei Bundeswettbewerb ausgezeichnet

V.l.n.r.: DVW-Präsident Kurt Bodewig, Volker Pellmann, Dr. Rita Bourauel, Klaus Voussem MdL, Peter Schlanstein, Jörg Albers und Erich Kaiser. (Foto: DVW)
V.l.n.r.: DVW-Präsident Kurt Bodewig, Volker Pellmann, Dr. Rita Bourauel, Klaus Voussem MdL, Peter Schlanstein, Jörg Albers und Erich Kaiser. (Foto: DVW)

Verkehrswacht Münster bei Bundeswettbewerb ausgezeichnet

Die Verkehrswacht Münster, in der mehrere Lehrende des FHöV-Studienorts Münster ehrenamtlich aktiv mitwirken, ist bei einem Wettbewerb auf Bundesebene mit einem Preis der Deutschen Verkehrswacht für das Projekt „Fahreinschätzung für Seniorinnen und Senioren“ ausgezeichnet worden.

Der bundesweit ausgeschriebene „mobil und sicher"-Preis wurde von der Deutschen Verkehrswacht (DVW) am 15. Juni 2018 in Köln verliehen. Prof. Kurt Bodewig, DVW-Präsident und Bundesverkehrsminister a.D., gratulierte den diesjährigen Gewinnern,

  • der Kreisverkehrswacht Emmendingen in Baden-Württemberg für das Projekt „Kindergarten- und Schulwegplanung",
  • der Verkehrswacht Cottbus in Brandenburg, ausgezeichnet für das Verkehrssicherheits- und Integrationsprojekt „Willkommen in Cottbus – verkehrssicher durch die Stadt!" und
  • der Verkehrswacht Münster in Nordrhein-Westfalen für das Projekt „Fahreinschätzung für Seniorinnen und Senioren".

In der Verkehrswacht Münster engagieren sich ehrenamtlich unter anderem mehrere haupt- beziehungsweise nebenamtlich Lehrende des FHöV-Studienorts Münster (Wilfried Kramer, Klaus Laackman, Michael Semrau und Peter Schlanstein).
Die Verkehrswacht Münster ist eine von rund 600 Gebiets-, Kreis- und Ortsverkehrswachten sowie eine von 16 Landesverkehrswachten, die sich mit ihren etwa 60.000 ehrenamtlichen Engagierten für mehr Sicherheit und weniger Unfälle auf den Straßen einsetzt. Durch ihre Zielgruppenprogramme, Aktionen und Veranstaltungen erreicht die DVW, die zu den ältesten und größten Bürgerinitiativen Deutschlands zählt, insgesamt rund 2,5 Millionen Menschen pro Jahr.

In dem neuen Projekt der Verkehrswacht Münster wurde - nach individuell von älteren Autofahrerinnen und Autofahrern mit Fahrsicherheitstrainern vereinbarten, jeweils etwa zweistündigen Terminen - das Fahrkönnen der Seniorinnen und Senioren im persönlichen Gespräch, einschließlich einer Probefahrt mit gewissen Fahraufgaben, einzeln analysiert. Den Teilnehmenden konnte somit ein Spiegel über die individuelle Fahrtüchtigkeit vorgehalten werden. Seit Projektstart (März bis vorerst November 2017) wurden 158 Fahreinschätzungen durchgeführt. Das Angebot ist für die Teilnehmenden kostenlos und wird durch die örtliche Verkehrswacht finanziert.

In den Medien (Presse, Radio und Lokalzeit im TV) wurde intensiv über das Projekt berichtet. Die Verkehrswacht hat durch die Aktion in der Öffentlichkeit sehr viel Aufmerksamkeit, neue Mitglieder und Spenden erhalten. Der FHöV-Lehrende Peter Schlanstein, zweiter Vorsitzender Verkehrswacht Münster, freute sich, den Preis der Deutschen Verkehrswacht nach Münster tragen zu dürfen, wo die Aktion zugunsten der Sicherheit von Seniorinnen und Senioren im Straßenverkehr selbstverständlich auch 2018 fortgesetzt wird, denn gerade diese Personengruppe kann im Straßenverkehr sowohl Opfer als auch Sicherheitsrisiko sein.

Im Zuge des demografischen Wandels sind immer mehr ältere, teilweise auch an Krankheiten leidende Menschen im Besitz einer Fahrerlaubnis und naturgemäß bestrebt, ihre Mobilität als Kraftfahrzeugführer weiterhin zu erhalten. Statistisch bedeuten Seniorinnen und Senioren am Steuer – zumindest für andere Verkehrsteilnehmer – grundsätzlich zwar kein höheres Risiko. Allerdings handelt es sich bei fast jedem dritten Verkehrsteilnehmer, der im Jahr 2017 auf deutschen Straßen getötet wurde, um ein Mitglied der Altersgruppe der ab 65-jährigen Senioren. Ältere Menschen weisen im Straßenverkehr erhebliche Besonderheiten auf, und dies nicht nur hinsichtlich der Art, Dauer und Häufigkeit ihrer Teilnahme, sondern auch aufgrund ihrer erhöhten Vulnerabilität. Weit mehr als Jüngere tragen sie schwere Verletzungen davon.

Deshalb empfahl zum Beispiel im Januar 2017 der zum Thema „Senioren im Straßenverkehr" eingerichtete Arbeitskreis des Deutschen Verkehrsgerichtstags künftig verstärkt probate Mittel zu nutzen, um die Risiken für Seniorinnen und Senioren weiter zu reduzieren, zum Beispiel durch obligatorische oder fakultative Untersuchungen, Hör-, Seh- oder Reaktionstests, Beratung oder aber Feedbackfahrten unter professioneller Leitung.

Zwar gibt es reichlich Geschichten über Seniorinnen und Senioren, die falsch auf der Autobahn unterwegs waren, Gas und Bremse verwechselt oder beim Rückwärtsfahren jemanden eingequetscht haben. Diese Berichte sind zwar spektakulär, bezogen auf das Gesamtunfallgeschehen jedoch wenig auffällig, da es sich um Einzelfälle handelt. Tatsächlich verursachen Seniorinnen und Senioren mit einem Bevölkerungsanteil von rund 21 Prozent nur 14 Prozent aller registrierten Verkehrsunfälle mit Personenschaden. Deshalb sollte allein das Lebensalter auch nicht als Kriterium für eine möglicherweise schwindende Fahrsicherheit herangezogen werden.

Die 2013 eingeführte Gültigkeitsdauer der Führerscheine auf 15 Jahre sieht für die auch weiterhin unbefristeten übrigen Fahrerlaubnisklassen (Klassen AM, A1, A2, A, B, BE, L und T) unter anderem die Möglichkeit ärztlicher Untersuchungen grundsätzlich vor. Doch zu regelmäßigen Gesundheitschecks, wie die jüngste Richtlinie der EU sie alle zehn oder 15 Jahre mit dem Führerscheinumtausch angeregt hatte, mochte sich der deutsche Verordnungsgeber nach der neuen Rechtslage vorerst nicht entschließen.
Ein akutes Problem besteht tatsächlich schon beim Erkennen alters- oder krankheitsbedingter Eignungsdefizite. Jeder Fahrer ist zunächst selbst verpflichtet, seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit stets zu überprüfen (§ 2 Abs. 4 StVG, § 2 Abs. 1 FeV), weshalb er sich bei einem Unfall, der infolge von Eignungsmängeln entstanden ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, mit dem Fahrlässigkeitsvorwurf konfrontiert sehen wird. Eine wichtige Hilfe wäre sicherlich eine Verbesserung der verkehrsmedizinischen Kompetenz der Ärzte. In diesem Zusammenhang wäre zu prüfen, welche Meldepflichten für Ärzte hinsichtlich der Fahreignung ihrer Patienten vorgegeben werden sollen. Um die Frage der körperlichen und geistigen Eignung möglichst schon im Vorfeld eines Verkehrsunfallschadens seitens der Fahrerlaubnisbehörde beurteilen zu können, müsste diese frühzeitig Kenntnis von gesundheitlichen Einschränkungen oder Zweifeln bei der Kraftfahreignung erlangen. Wie dies bei lebenslänglich erteilter Fahrerlaubnis, ohne jeden weiteren Eignungstest, in der Praxis geschehen soll, wird vom Verordnungsgeber leider offen gelassen. Die Fahrerlaubnisbehörde erfährt von alters- oder krankheitsbedingten Mängeln meist nur zufällig, insbesondere durch vereinzelte Meldungen der Polizei gemäß § 2 Abs. 12 StVG, etwa bei gravierenden Verhaltensauffälligkeiten eines Fahrers, der nach einem erkannten Verkehrsverstoß oder bei einer Unfallaufnahme zum Beispiel einen völlig verwirrten Eindruck vermittelt.

Tatsächlich wird in Deutschland Jahr für Jahr nur ein Prozent aller registrierten Verkehrsunfälle mit Personenschaden auf körperliche oder geistige Mängel zurückgeführt. Dieser Wert ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Angesichts der teilweise noch großen Probleme beim Erkennen körperlicher oder geistiger Mängel, die für die Unfall aufnehmenden Polizeibeamten, zum Beispiel im Vergleich zum Alkoholeinfluss, weniger auffallend und schwerer feststellbar erscheinen, muss bei den meist selbst verunglückten, unfallbeteiligten älteren Fahrerinnen und Fahrern ein erhebliches Dunkelfeld an morbiditätsbegründeten Ursachen vermutet werden.

Vor dem Hintergrund der zunehmend erhobenen Forderungen, im Seniorenalter verpflichtende Fahreignungstests einzuführen, ist festzustellen, dass es bezüglich medizinischer Checks international keine einzige Untersuchung gibt, die eine signifikante Verbesserung der Unfallstatistik aufgrund medizinischer Screenings nachweisen kann. Der gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Aufwand solcher Untersuchungen steht bislang in keinem Verhältnis zu den negativen Folgen für die Mobilität Älterer. Altersbezogene restriktive Überprüfungen verbessern weder die Sicherheit der Auto fahrenden Senioren noch die allgemeine Verkehrssicherheit ersichtlich.

Vielmehr zeigen diese Kontrollen negative Effekte für die Seniorinnen und Senioren. Die Teilnehmenden entwickeln häufig Versagensängste vor der Überprüfung und geben oft verfrüht ihre Fahrerlaubnis zurück. Dadurch verlieren sie sowohl an autonomer Mobilität als auch Lebensqualität und setzen sich den – derzeit – viel größeren Gefährdungen als Fußgänger oder Radfahrer aus.
Nach diesen Erkenntnissen bieten wissenschaftlich begründete psychologische Fahrverhaltensbeobachtungen eine wesentlich bessere testtheoretische Güte auf. Deshalb forderte auch der Gerichtstags-Arbeitskreis 2017 zu Recht, Instrumente zur besseren Einschätzung der eigenen Fahrkompetenz zu entwickeln und wissenschaftlich zu evaluieren. Vorgeschlagen wird damit eine qualifizierte Rückmeldefahrt, deren Ergebnis ausschließlich dem Betroffenen mitgeteilt wird. Falls sich herausstellt, dass solche Instrumente auf freiwilliger Basis nur unzureichend in Anspruch genommen werden, soll die Teilnahme nach Auffassung der Goslarer Verkehrsexperten obligatorisch gesetzlich geregelt werden.
Deshalb hat die Verkehrswacht Münster ihr Pilotprojekt gestartet, ausgebildete und zertifizierte Fahr- und Sicherheitstrainer als mitfahrende Begleiter anzubieten, um interessierten Seniorinnen und Senioren in ihrem eigenen Auto bei einer Fahrt durch Stadt, Land und über Autobahnen Tipps und Hinweise sowie natürlich auch eine Einschätzung zu geben, wie sicher man tatsächlich ist.

Die Entwicklung der Verunglücktenzahlen der Altersgruppe zeigt für 2017 in Münster – trotz des Zuwachses der Beteiligung am Straßenverkehr als Kraftfahrer – bereits eine positive Tendenz auf.